Mormonen und die Familienforschung |
Wer sind eigentlich die Mormonen und welche Bedeutung haben sie für die Familienforschung?Wer sich intensiver mit der Familien- und Ahnenforschung beschäftigt, wird früher oder später auch über Begriffe wie Mormonen oder Mormonentum stolpern. Spätestens dann wird sich die Frage stellen, wer die Mormonen eigentlich sind und welche oder besser welche besondere Bedeutung sie für die Familienforschung haben.
Wer die Mormonen sind Unter der Bezeichnung Mormonentum werden alle solche Glaubensgemeinschaften zusammengefasst, die sich neben der Bibel auch auf das Buch Mormon sowie auf die Offenbarungen berufen, die in der Schrift „Lehre und Bündnisse“ niedergeschrieben sind. Das Buch Mormon, das eine auf Amerika bezogene Geschichtstheologie beschreibt, wurde ab 1820 von dem Propheten Joseph Smith jr. verfasst. Dabei sei ihm Moroni als Engel erschienen und habe ihm die Inhalte diktiert. 1830 gründete Smith mit der Church of Christ die erste mormonische Glaubensgemeinschaft. Seit 1838 heißt diese Glaubensgemeinschaft The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints und im Deutschen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage oder kurz Kirche Jesu Christi HLT. Diese Gemeinschaft ist heute die mit Abstand größte mormonische Religionsgemeinschaft und üblicherweise gemeint, wenn von den Mormonen gesprochen wird. Die Mormonen sind überwiegend in den Vereinigten Staaten verbreitet und leben hier hauptsächlich in Utah sowie in den benachbarten Gebieten in Arizona, Wyoming, Idaho, Missouri und Kansas. Seit 1974 betreibt vor allem die Kirche Jesu Christi HLT intensive Missionierungen, so dass die Anzahl der getauften Mitglieder mittlerweile auf rund 13 Millionen weltweit angestiegen ist. Davon sind rund die Hälfte in den USA beheimatet, weitere 35% leben verteilt auf dem übrigen amerikanischen Kontinent. Etwa 10% wohnen in Großbritannien, in Australien sowie auf den asiatischen Inselstaaten, hier allen voran in Japan und auf den Philippinen. Die Mitglieder in Europa, im übrigen Asien sowie in Afrika machen zusammen lediglich 5% der Glaubensangehörigen aus. Die offiziellen Zahlen der Glaubensgemeinschaft berücksichtigen jedoch nur die Mitglieder, die durch die Kirche getauft wurden, wobei die Bindung an die Kirche in anderen Teilen der Welt sehr viel weniger streng ist als in den USA. So haben beispielsweise viele Mitglieder ihre Eheschließung nicht in einem in den USA obligatorischen Tempel geschlossen. Die zweitgrößte Gruppierung innerhalb des Mormonentums ist die Gemeinschaft Christ, die bis 2001 Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hieß und etwa 250.000 Mitglieder zählt. Diese Glaubensgemeinschaft ist seit 1880 anerkannter Rechtsnachfolger der von Smith ursprünglich gegründeten Glaubensgemeinschaft und besitzt daher auch den ältesten Tempel sowie den größten Teil der Dokumente aus dem Nachlass des Glaubensgründers.
Ingesamt gibt es heute etwa 70 Mormonische Glaubensgemeinschaften, die sich in die drei folgenden Hauptgruppierungen einteilen lassen:
1. Die Rocky-Mountain-Mormonen. Sie zogen nach Utah und sehen in Brigham Young einen legitimen Propheten. Zu ihnen gehören die Kirche Jesu Christi HLT als größte Glaubensgemeinschaft sowie viele weitere, häufig sehr kleine Gemeinschaften. Darunter finden sich auch mormonische Fundamentalisten sowie Polygamisten. Die meisten Gruppierungen wie beispielsweise die Apostolic United Brethren oder die Fundamentalistische Kirche Jesu Christi HLT pflegen die urchristliche Gütergemeinschaft.
2. Die Prärie-Mormonen. Sie leben überwiegend im Mittleren Westen und sehen in Brigham Young keinen Propheten. Zu diesen Gruppierungen gehören die Gemeinschaft Christi sowie viele kleine Gemeinschaften. Einige der Gruppierungen sehen auch in Smith einen gefallen Propheten und erkennen ausschließlich die Lehren seiner frühen Jahre an. Zudem lehnen die meisten Gruppierungen die Polygamie ab, darunter beispielsweise die Kirche Jesu Christi als drittgrößte mormonische Gemeinschaft oder die Kirche Christi.
3. Die Kirche Christi mit der Elias-Botschaft. Diese Gemeinschaft zählt sich selbst nicht zu den Mormonen. Gleichwohl stellen bei ihr jedoch die Bibel, das Buch Mormon, auch wenn dieses Bericht der Nephiten genannt wird, sowie 117 Botschaften, die als das Wort des Herrn bezeichnet werden, gleichwertige Glaubensgrundlagen dar.
Die Bedeutung der Mormonen für die FamilienforschungFür die Familienforschung haben die Mormonen eine besondere Bedeutung, die in ihrem Glauben verankert ist. So muss ein Mensch entsprechend der biblischen Überlieferung von Johannes dem Täufer im Neuen Testament streng nach den kirchlichen Regeln gelebt haben und in einem Tempel unter Wasser getauft worden sein, um nach dem Tod die höchste Seeligkeit zu erlangen. Diese unbedingt erforderliche Taufvorschrift gilt sowohl für lebende als auch für bereits verstorbene Personen. Daher kann ein Mormone den Taufakt als Vertreter für einen Verstorbenen nachträglich vollziehen lassen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten keine Möglichkeit hatte, unter Wasser in einem Mormonentempel getauft zu werden. Einzige Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertreter den Namen des Verstorbenen kennt. Um nun Verstorbenen durch eine nachträgliche Unterwassertaufe die höchste Seeligkeit zu ermöglichen, sind Mormonen in besonderem Maße daran interessiert, Kenntnis über die Namen ihrer Vorfahren zu erlangen. Dies ist auch der Grund, weshalb Mormonen schon sehr früh damit begonnen haben, ein Archiv mit familiengeschichtlichen Unterlagen anzulegen, in dem kontinuierlich auch Verfilmungen von alten Kirchenbüchern aus der ganzen Welt zusammengetragen wurden. Seit 30 Jahren befindet sich dieses Archiv, in dem Personendaten von rund 6 Milliarden Menschen gespeichert sein sollen, in einem Berg aus reinem Granit unweit von Salt Lake City. Eine Kopie aller Daten ist außerdem in der mormonischen Zentralbibliothek ebenfalls in Salt Lake City hinterlegt. Auf Bestellung werden von hier aus Kopien in die weltweiten Filialen der Mormonen verschickt, die als Genealogische Forschungsstellen der Mormonen bezeichnet werden. Jeder Familienforscher hat die Möglichkeit, in den Forschungsstellen Kopien aus Salt Lake City zu bestellen, unabhängig davon, ob er selbst Mormone ist oder ob nicht. Pro bestelltem Film wird im voraus eine geringe Gebühr fällig und sobald die Bestellung eingetroffen ist, kann sie der Familienforscher drei Monate lang nutzen. Diese Forschungsmethode ist bei Familienforschern mittlerweile sehr verbreitet. Dabei muss übrigens niemand befürchten, bekehrt zu werden. Die Mormonen sind im Gegenteil gerne behilflich bei der Suche nach den Vorfahren, bitten allerdings häufig um eine Kopie der eigenen Forschungsarbeiten zur Ablage in ihrem Archiv.
Weiterführende Stammbäume, Kulturen und wissenschaftliche Forschungen: Der Mormonen Stammbaum
Thema: Wer sind eigentlich die Mormonen und welche Bedeutung haben sie für die Familienforschung? |
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